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IM AUFTRAG DES TEUFELS:
Der Preis des Erfolgs
Filmkritik von Thomas Klingenmaier, 1998 Stuttgarter Zeitung, Germany
Wie einst Satan, der Versucher, Jesus auf einen Felsen führte und ihm die Welt zu Füßen legte, so lockt der erfolgreiche Anwalt John Milton seinen jungen Kollegen Kevin Lomax hinaus auf eine
spektakuläre Dachterrasse hoch über Manhattan. Und Milton macht dem junÂgen Mann in dieser elitären AbgeschieÂdenheit, in dieser Erhabenheit über dem Gewimmel der winzigen Menschen das
gleiche Angebot, das wir aus dem Evangelium kennen: ¸¸All dies kann dir gehören.''
In Lomax' Ohren will das erst einmal wie die alte amerikanische Glücks-und ErfolgsverheiÂßung klingen. Aber tief innendrin weiß er schon, daß etwas faul ist am Aufstieg zur
schwinÂdelerregenden Macht und Einsamkeit. Als kleiner Staatsanwalt in der Provinz war er ein Star, er ist dann auf die Bank des Verteidigers übergewechselt, weil sich dort mehrverdienen ließ, hat mit
all seiner Brillanz einen KinderÂschänder herausgepaukt, obwohl er wußte, daß er schuldig war, und ist nun beim Wechsel in die Stadt dabei, noch mehr von seinen alten WerÂten aufzugeben. Wobei
Regisseur Taylor Hackford (¸¸Ein Offizier und Gentleman'', ¸¸Blood In, Blood Out'', ¸¸Dolores'') in ¸¸The Devil's Advocate - Im Auftrag des Teufels'' nicht von Charaktermacken und
DenkverkrümÂmungen erzählt, die man sich beim Weg nach oben zuzieht. Ganz altmodisch streng führt er vielmehr vor, daß der fulminante ErÂfolg nur um den Preis der Seele zu erringen ist.
Hackford macht beileibe nicht bei ein paar metaphysischen AssoziatiÂonen halt. Lomax, der als Juniorpartner des schillernden Milton imÂmer zweifelhaftere Figuren verteidigen muß,
steht tatsächlich in Diensten des Teufels. Aber, wie der eloquente Satan am Ende betont, freiwillig – der Teufel mache bloß die Angebote, wir träfen die EntÂscheidungen.¸¸The Devil's
Advocate'' ist deshalb ein so außerÂgeÂwöhnÂlicher Film, weil er das Böse prägnant Gestalt gewinnen läßt und es doch nicht als etwas Separates, Fremdes, als etwas außerhalb von uns zeigt:
dieser Satan bleibt eine Projektion desÂsen, was im Menschen selbst brodelt.
Al Pacino spielt den höllischen Verführer, der doch bloß die Fleisch gewordene innere Stimme ist, mit der gewohnten Brillanz und einer Mischung aus Charme, Verworfenheit,
InÂtelligenz, Bosheit und VerÂachtung. Keanu Reeves liefert die souveräne Darstellung eines KarrieÂristen, in dem Eitelkeit und ErÂfolgsgier mit dem eingefleischten AnÂstand ringen. Und Charlize
Theron absolviert die heikle Rolle der Provinzschönen Mary Ann, die sich von ihÂrem Mann in New York alleingelassen fühlt, mit Bravour.
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