Faszinierend ist ein Buch meist dann, wenn es einen in eine andere Welt eintauchen lässt, d.h. wenn der Autor es schafft,
einen mit seinen Schilderungen in eine bisher unbekannte fremde Welt zu entführen. Genau ein solches Buch ist die „Jüdin von Toledo“ von Lion Feuchtwanger.
Es entführt einen in das Spanien des 12. Jahrhunderts, eine Zeit, in der die jahrhundertelange Vorherrschaft der muslimischen
Mauren durch die aufkommende christliche „Reconquista“ in Bedrohung geriet. Zwischen diesen beiden grossen Religionen und Kulturen die Juden, denen es unter den Moslems nicht schlecht ergangen war und die genau
wissen, dass ein Krieg ihnen auf jeden Fall zum Schaden gereichen würde.
Besonders genau weiss das der Jude Jehuda, und er kann lange seinen Einfluss als „Finanzminister“ beim spanischen König
Alfonso nutzen, um den Krieg hinauszuzögern. Er ist dafür sogar bereit, ihm seine schöne Tochter Rachel zu opfern. Ob sich das Opfer lohnt?
Feuchtwanger verfügt über eine grossartige Sprache und die faszinierende Fähigkeit, die geschichtlichen Zusammenhänge durch
seine Hauptfiguren in äußerst farbiger Weise lebendig werden zu lassen. In den Charakterzügen und kulturellen Vorlieben dieser Figuren kristalliert sich das Wesen der Kulturen selbst, denen sie angehören, heraus.
Ich möchte dieses Buch nicht zufällig gerade jetzt wärmstens empfehlen, in einer Zeit, die einen glauben machen könnte,
dass diese alten Glaubenskriege wieder aufleben. Feuchtwangers Buch ist heute aktueller denn je.
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